Manche regieren die Welt · Andere sind die Welt

ENSEMBLE PNININ

wis5048

Komposition: Andreas Seemer-Koeper
Frei nach Texten von Fernando Pessoa

Es spielt das ensemble [pniˑˈniːn]:
Julia Wendel: Gesang
Maike Röhr: Violine
Robert Beck: Klarinette (Leben heißt ein Anderer sein)
Andreas Berg: Klarinette (Ich Lieder)
Nikola Glavas: Akkordeon
Matthias Dornhege: Tuba
Wolfgang Bökelmann: Bass, Gitarre
Gereon Voß: Vibraphon, Percussion
Andreas Seemer-Koeper: Marimbaphon, Percussion, Leitung

Aufgenommen und gemischt in den RevierTon-Studios, Herne
Tontechnik: Wolfgang Bökelmann
Mastering: Oliver Siegel, Studio Roter Raum, Wattenscheid
Produktion: Andreas Seemer-Koeper, Wolfgang Bökelmann

Cover, Grafik, Layout: Andreas Seemer-Koeper
Fotos: Andreas Seemer-Koeper (sofern nicht anders benannt)

© 2019 ASK | zero · one · ocean
℗ 2023 wismART

»Manche regieren die Welt · Andere sind die Welt«. Vielleicht erscheint einigen dieser Titel etwas wunderlich. Doch wahrscheinlich passt er wie kein zweiter in diese umbrechende Zeit, in der die Menschen im Großen wie im Kleinen das Verhältnis des Einzelnen zur Gemeinschaft neu ausloten.

Der Musiker und Komponist Andreas Seemer-Koeper hat diesen Titel frei nach Fernando Pessoa gewählt. Das ganze Album ist inspiriert von dem Denken dieses großen portugiesischen Dichters. Ein Pessoa-Projekt also? Die Notizen des Schriftstellers sind die literarisch-philosophe Quelle der Liedkompositionen, nicht ihr Gegenstand. Es geht nicht um Werktreue – eher um das Freisetzen eines energetischen Potenzials in neue Resonanzräume.

Auf der CD hören wir Musik für Stimme und Instrumentalensemble. Eingespielt wurde sie vom Ensemble Pninin. Pninin steht für Freistil. Das Album besteht aus zwei Zyklen von je 7 bzw. 9 Liedern. Der Zyklus »Leben heißt ein anderer sein« stellt Fragen nach dem, was wir sind, was wir sein wollen und dem, was das Leben aus uns macht. Die »Ich-Lieder« singen von unserer inneren Wirklichkeit – auch der unbekannten. Jeder Liederzyklus hat ein eigenes visuelles Leitmotiv. Im Booklet steht es dem jeweiligen Einführungstext gegenüber. Wer diese Bilder sieht, wird auch das Leichte in den Liedern nicht überhören.

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Wo wechselt die Sprache zur Musik? Auf dem Tonträger gibt es dafür eigene Räume. Sie liegen zwischen den Liedern des ersten Zyklus. Die MusikerInnen nutzen sie zum Blättern ihrer Partitur. Wir können sie nutzen zum Stimmen unserer Ohren: Jeder Raum gehört jeweils einem Instrument des Ensembles allein. Es scheint, als hätte jemand die MusikerInnen gefragt: Was sind für Dich Klang, Farbe, Rhythmus, Tempo, Dynamik? Und alle hätten geantwortet, individuell, mit dem eigenen Instrument. So hören wir Hände, Atem, Mechanik, jedes kleinste Geräusch. Als lauschten wir – ganz Ohr – an der Bewegung, an der Zeit und an der Stille der Zwischenräume.

Dass er so nah sein kann, verdankt der Hörer jeder Solistin, jedem Solisten, sich selbst und nicht zuletzt einer Tontechnik, die dieses intime Lauschen möglich macht. Ohne ihre Feinarbeit bliebe uns verborgen, was letztlich in den Liedern passiert: Ein Schreiten, ein Tänzeln, Luft und Rauch, Landschaft, Raum, Gespräche. Vor allem Gespräche und eine Stimme wie Gesang!

In einem der Liedertexte heißt es: Das Leben ist das, was wir in ihm sehen. Gilt das auch für die Musik? Ist Musik nur das, was wir in ihr hören? Also hören wir nur uns? Hört selbst. (pw)